«People – Planet – Profit», dies das Motto der dritten Fachkonferenz Brennpunkt Nahrung vom 3. November in Luzern. Die gesamte Wertschöpfungskette war mit etwa 320 Teilnehmenden gut vertreten.

Die TeilnehmerInnen erhielten in Referaten, Q&A-Sessions und einem Podiumsgespräch neue Inpulse. Am Vormittag referierten Referenten und Experten aus dem In- und Ausland über die Herausforderungen der Lebensmittelbranche. In einem Umfeld, in welchem sich das globale Wissen alle 5 Jahre verdoppelt, müsse die Branche das Wesentliche davon herausholen und nutzen, so Dr. Urs Reinhard, Präsident des Conference Boards von Brennpunkt Nahrung bei der Einleitung.

loosli transgourmet fbHansueli Loosli, Transgourmet und Coop. Bild: Hanspeter Schneider.

Hansueli Loosli, VR-Präsident Transgourmet und Coop, sieht grosse Chancen für den internationalen Gastro-Grosshändler Transgourmet - der Nummer zwei im europäischen Abholung- und Belieferungsgrosshandel mit 27’000 Mitarbeitende in vier Ländergesellschaften. «Verkehrsknotenpunkte werden immer stärker zu Orten des Konsums und die Lebensmittel müssen dort rasch verfügbar sein», so Loosli. Die Menschen würden sich ausserdem immer häufiger ausser Haus verpflegen. Und die Gastronomie wünsche mehr Convenience-Produkte. Viele Gastro-Betriebe würden bald ohne eigene Küchen auskommen. Transgourmet hat ein eigenes Nachhaltigkeitskonzept und eigene Nachhaltigkeitslabel, was der Firma ermöglicht, bei Grosskunden wie den Mensen von VW oder Siemens, überhaupt liefern zu können.

Andreas Land, Chef von Griesson - de Beukelaer, einem führenden Süssgebäckhersteller Europas, exportiert seine Kekse, wie die bekannte Prinzenrolle, innerhalb Europas sowie nach den USA. Er hatte die Aufgabe, den Schweizern einen fremden Blick auf das eigene Paradies zu bieten: Er rief auf, vermehrt optimistisch zu sein - auch in der Land- und Ernährungswirtschaft - und von den guten rechtlichen und steuerlichen Bedingungen der Schweiz, sowie vom hohen Qualitätsbewusstsein der KonsumentInnen in unserem Land zu profitieren.

langAndreas Land, Chef von Griesson - de Beukelaer, verbreitete humorvoll Optimismus. Bild: Hanspeter Schneider.

Albert Baumann, Unternehmensleiter der Micarna Gruppe, zeigte auf, was das Unternehmen unternimmt, um die Berufsleute der Zukunft auszubilden und zu halten. Neue Berufsbilder ziehen Lernende an - im 2017 sind es 130. Ausserdem übernimmt Micarna mit «Maflü» gesellschaftliche Verantwortung und hat ein spezifisches Integrations- und Ausbildungsprojekt für Flüchtlinge auf die Beine gestellt. Er erinnerte an den Ausspruch von Gottlieb Duttweiler: «Wer Leistung will, muss Sinn bieten».

Dr. Martin Frick, Senior Director Implementation and Climate Action des Umweltvertrages der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), hielt ein sehr kurzweiliges und eindrückliches Plädoyer dafür, dass die Landwirtschaft und die Ernährungsindustrie Teil der Lösung der Klimakrise sein sollten. Einerseits wegen der enormen Bedeutung der Branche: «Ohne Ernährung keine menschliche Existenz», so Frick. Andererseits weil sie zu den grossen Verursachern der Erderwärmung zählt (verantwortlich für 24% der CO2-Emissionen). Die Branche habe aber auch Chancen zum Retter in der Not zu werden, weil die klimarelevanten Emissionen zum grossen Teil aus dem Gas Methan bestehen, das eine kürzere Lebensdauer in der Atmosphäre hat, verglichen mit CO2 (6 Monate, bzw. 100 Jahre). Das heisst, es lässt sich relativ schnell etwas erreichen.

martin frickMartin Frick über die Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Landwirtschaft. Bild: Hanspeter Schneider.

Andreas Graber , Mitbegründer von Urban Farmers, zeigte internationale Beispiele von Landwirtschaft in der Stadt auf, eine gebäudegebundene Landwirtschaft also, die sich durch hohe Innovation auszeichnet. Die neuen Farmkonzepte leisten laut Graber einen grossen Beitrag zur KonsumentInnenbildung und gegen Foodwaste.

Prof. Dr. Klaus Wellershoff, ehemaliger Chefökonom der UBS und heutiger Mitinhaber von Wellershoff und Partner, legte im letzten Referat vom Vormittag die Zusammenhänge zwischen Handel, Kapital und Wachstum dar. Der Freihandel hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Damit verbunden sind die Marktpreise für Lebensmittel viel volatiler geworden, weil damit auch viel mehr spekuliert wird. Durch die stetig steigende Produktion der Lebensmittelindustrie haben die Arbeitsplätze in diesem Sektor zugenommen.

klaus wellershofProf. Dr. Klaus Wellershoff über die Zusammenhänge zwischen Handel, Kapital und Wachstum. Bild: Hanspeter Schneider.

Zu Beginn des Nachmittagsprogramms konnte man in vier Workshops thematisch in die Tiefe gehen. Anschliessend prallten an einer Podiumsdiskussion die Meinungen ziemlich stark aufeinander. Peter Grünenfelder, der Direktor von Avenir Suisse, plädierte für eine totale Marktöffnung ohne entsprechende Abfederungsmassnahmen für die inländische Produktion. Nationalrat Beat Jans war zwar nicht ganz gegen Marktöffnung, vertrat jedoch klar die Position, dass z.B. ökologische Kriterien dabei gewichtet werden müssten. Denn die inländischen ProduzentInnen würden diesbezüglich wichtige Leistungen erbringen.

Am Schluss des Nachmittags trat noch der renommierte Zukunftsforscher Matthias Horx auf. Unter dem Titel «Wie die grosse Urbanisierung unser Leben verändert» führte er aus, dass das Leben in den Städten viel effektiver geführt werde. Horx nannte auch eine neue Trendzielgruppe: die «City Agers». Damit meint er ältere Personen, die nach einem längeren Lebensabschnitt auf dem Land nun wieder in die Städte ziehen. Deshalb würden in den Städten auch neue Lebensformen wie «Co-Living» und «Co-Homing» entstehen. Horx erwähnte als Beispiel dafür das Projekt Kalkbreite in der Stadt Zürich. Bezüglich Foodtrends führte er aus, dass Asiafood weiter zunehmen werde. Und Authentic Food wird auch an Bedeutung gewinnen. Sogenannte «Local Heros» wie z.B. Jamie Oliver haben eine rosige Zukunft. Bei der Tierhaltung werde es bis in 50 Jahren keine Käfighaltung mehr geben, dafür werde sich das sogenannte Reaktorfleisch, d.h. Fleischersatz, weiter ausbreiten. Über das Direct-Farming-Modell werden sich auch immer mehr KonsumenInnen mit ProduzentInnen vernetzen. Trotz alledem – auch in 50 Jahren würden immer noch Menschen die Märkte bestimmen.

matthias horxMatthias Horx: In den Städten entstehen neue Lebensformen wie «Co-Living» und «Co-Homing». Bild: Hanspeter Schneider.

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