Was bringen die neuen gentechnischen Methoden in der Pflanzenzüchtung? Antworten suchte man gemeinsam an der Tagung «Neue Pflanzenzüchtungsmethoden – Chancen und Risiken für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft».

Markus Johann // Am 8. September 2017 fand in Bern die gut besuchte Tagung des Vereins «Qualitätsstrategie in der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft» statt. Aufgrund verschiedener Referate sowie den Diskussionen sollten sich die Anwesenden eine Meinung zu den neuen gentechnischen Verfahren in der Pflanzenzüchtung bilden. Leider war dies in dieser kurzen Zeit nicht möglich. Denn die ReferentInnen vertraten ein sehr breites Spektrum an Meinungen. Allerdings wurde klar, dass die Schweizerischen landwirtschaftlichen Verbände weiterhin an einer gentechnikfreien Landwirtschaft festhalten wollen.

Ethische Beurteilung sehr komplex

In ihrem Referat legte Ariane Willemsen die Sicht der eidgenössischen Ethikkommission für Biotechnologie im Aussenhumanbereich (EKAH) dar. Diese ist eine vom Bundesrat eingesetzte ausserparlamentarische Kommission. Sie berät die Behörden aus ethischer Sicht im Bereich der ausserhumanen Bio- und Gentechnologie. Ihre Haltung wurde in einem Bericht vom März 2016 zusammengefasst und ist für Politik sowie Öffentlichkeit zugänglich. «Es gibt zwei Risikotheorien – die «konsequentialistische» sowie die «deontologische». Bei der konsequentialistischen wird das Risiko einzig auf Grund der Folgen, also der Auswirkungen einer Handlung oder Massnahme, bewertet. Bei der deontologischen wird entschieden, ob die ethische Richtigkeit einer Handlung übereinstimmt mit den Pflichten, die wir gegenüber der Gesellschaft haben. Auf die Pflanzenzüchtung bezogen heisst dies, dass angemessene Vorsorgemassnahmen erforderlich sind», legte Ariane Willemsen eindrücklich dar. Was bedeutet dies nun in Zusammenhang mit den neuen gentechnischen Methoden?

Risikodaten für Risikobeurteilung nötig

img 2525 kopieAriane Willemsen legt die Sicht der eidgenössischen Ethikkommission für Biotechnologie im Aussenhumanbereich (EKAH) dar. Bild: BionetzDazu muss man zunächst Risikodaten generieren, die eine angemessene Risikobeurteilung erlauben. Zudem sollte man Zumutbarkeitsgrenzen für Risiken festlegen. Sinnvoll st es, Vorsorgemassnahmen zu ergreifen wie schrittweises Vorgehen («step by step») und eine systematische Risikobegleitforschung betreiben. Ein Monitoring zur Erweiterung und Aktualisierung des Risikowissens ist ebenso wichtig. Hinzu kommen weitere, vor allem ethische Überlegungen wie: Selbstbestimmung von KonsumentInnen, Selbstbestimmung von ProduzentInnen, Souveränität von Gemeinschaften und ethische Anforderungen an die Forschung. Um zum Beispiel Selbstbestimmung ausüben zu können, müssen einzelne grundlegende Anforderungen erfüllt sein: Einerseits der Zugang zu einer ausreichenden Menge sicherer Lebensmittel, andererseits sind nur Lebensmittel mit zumutbaren Risiken zulässig - was eine angemessene Risikoevaluation voraussetzt. Daraus kann zwar kein Recht auf bestimmte Lebensmittel abgeleitet werden, aber wir haben wohl das Recht, bestimmte Nahrungsmittel vermeiden zu können. Schon nur aufgrund dieser Punkte stellt man fest, wie komplex die Arbeitsgrundlagen der Ethikkommission sind.

Gesellschaft im Wandel

«Ohne den Einsatz von neuen Technologien in der Landwirtschaft werden wir das Bevölkerungswachstum auf dieser Welt nicht bewältigen können», stellte in einem weiteren Referat Juan Gonzalez Valero, Head of Public Policy and Sustainability von Syngenta, klar. Neben dem Bevölkerungswachstum ändern sich die Ernährungsgewohnheiten rasant, der digitale und technologische Wandel schreitet kontinuierlich voran. Gonzales stellte fest: «Die Kombination von Biologie und Daten beschleunigt den Wandel, notabene auch in der Landwirtschaft.  Seit über 10'000 Jahren werden Pflanzen gezüchtet. Was sich jedoch gewaltig geändert hat, ist der Zeitdruck». Die Kombination von Mathematik, Computertechnlogie sowie den neuen gentechnischen Methoden sei auch für die Pflanzenzüchtung eine grosse Chance. Unter anderem würde dies dazu führen, dass weniger Pestizide eingesetzt werden müssten, meinte Gonzalez. In der anschliessenden Diskussion mit dem Publikum wurde jedoch klar, dass längst nicht alle Anwesenden diese Haltung teilen.

img 2532Juan Gonzalez Valero argumentiert für die Gentechnik. Bild: Bionetz.

Mehr finanzielle Mittel für Züchtung und Forschung im Biolandbau

Weitere Referenten waren Michael Winzeler von Agroscope sowie FiBL-Direktor Urs Niggli. Niggli legte dabei vor allem die Chancen und Risiken aus Sicht des Biolandbaus dar. Auf die Nachhaltigkeit bezogen gäbe es sehr interessante Ansätze. Jedoch seien die Bedrohungen und Herausforderungen für den Biolandbau eben auch sehr gross. Letztendlich plädierte er für viel mehr finanzielle Mittel für die Forschung sowie für die Arbeit der Biopflanzenzüchter. Denn die konventionelle Landwirtschaft sei schon längst an die Wand gefahren worden.

p9080003An der Podiumsdiskussion von links: Michael Winzeler (Agroscope), Fritz Glauser (Schweizerische Getreideproduzenten), Charlotte Aichholz (Sativa), Martina Munz (SAG) und Ariane Willemsen (EKAH). Bild: Bionetz.Am Nachmittag fand noch eine interessante Podiumsdiskussion mit Martina Munz (SAG), Charlotte Aichholz (Sativa), Fritz Glauser (Getreideproduzentenverband), Michael Winzeler und Ariane Wilemsen statt. Nationalrätin Martina Munz erklärte, weshalb die Gentechnik für die Landwirte zur Abhängigkeit sowie zu mehr und nicht weniger Einsatz von Pestiziden geführt hat. Pflanzenzüchterin Charlotte Aichholz legte dar, weshalb sie in der Gentechnik nach wie vor mehr Gefahren als Chancen sieht. «Den Pollenflug kann man nicht kontrollieren. So müssten wir zu jeder Bioparzelle einen Abstand von mindestens einem Kilometer haben» meinte sie unter anderem dazu.

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